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#5 – Crazy Cat Lady

Was ist dran am Klischee?

Die typische Katzenliebhaberin ist 40+, Single, kinderlos… und leicht verrückt. Ist das so?

Selbst die aktuelle US Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris musste sich schon von Trump’s Running Mate JD Vance anhören, sie sei eine „kinderlose Katzenlady, die in ihrem eigenen Leben und den Entscheidungen, die sie getroffen hat, unglücklich ist und wolle deshalb auch den Rest des Landes unglücklich machen“.

Ich lebe mit Katzen seit 23 Jahren. Es war mein damaliger Partner, der auf einen miauenden Vierbeiner drängte.  Wir fuhren also ins Tierheim und holten zwei Katzen zu uns nach Hause. Lange darüber nachgedacht hatte ich damals, mit 26, nicht. Die Beziehung hielt nicht, die Katzen blieben bei mir. Als ich 2013 die erste Katze verabschieden musste, war ich untröstlich. Nach einigen Monaten wurde mir klar, dass ich meine 2. Katze auch verlieren würde, wenn ich ihr nicht wieder einen Kumpel holen würde. So zog dann Katze Nr. 3 (ein Scheidungsfall) ein, die Harmonie war wiederhergestellt. Es fühlte sich wieder richtig an. Die beiden Miezen und ich. Nach 17 gemeinsamen Jahren folgte der Abschied von meiner Seelenkatze. Es war wieder furchtbar. Die Erinnerung an die depressive, einsame Katze war in meinem Kopf und ich gab einer rumänischen Straßenkatze aus dem Tierschutz ein neues Zuhause, Katze Nr. 4.

Zwei Katzen und ich. So lebe ich seit vielen Jahren. Neu ist nun nur der Lebenspartner nebenan. Das Klischee bediene ich als Nicht-Single nur bedingt, aber ich bin gewollt kinderlos, lebe die meiste Zeit meines Lebens alleine (soll heißen, ich bestreite den Lebensunterhalt alleine) und bin leidenschaftliche Katzenmama. Bin ich verrückt? Das sehe ich oft in den Blicken derer, die nicht mit Tieren leben.

Meine beiden felligen Mitbewohner haben ein fortgeschrittenes Alter erreicht und ihre altersbedingten Wehwehchen. Wir kämpfen gegen Schilddrüsenüberfunktion, erhöhte Nierenwerte, Arthrose und Spondylose. Mein Tagesplan richtet sich, so weit das mit Vollzeitjob möglich ist, nach Medikamenten- und Futtergabe. Meine Nächte sind kurz, weil das Begehr der alten Katzendamen groß ist. Meine letzte Reise ist schon Jahre her, weil ich die Betreuung niemanden zumuten kann. Viel Geld fließt auch in medizinische Betreuung. Alte Tiere zu begleiten ist oft eine emotionale und zeitliche Herausforderung, aber ich bin dankbar für jede Minute mit ihnen. Die verbleibende gemeinsame Zeit beträgt nur noch einen Bruchteil der bereits erlebten und das stimmt mich natürlich oft traurig. So müde und ausgelaugt kann ich gar nicht sein, dass mein Herz nicht überschwemmt ist von ganz viel Gefühl für diese zauberhaften Wesen, die mir so viel Liebe und Vertrauen schenken.

Menschen, die Tiere nicht mögen, sind mir ja in erster Linie nicht sympathisch und doch kenne ich einige, die ich aus anderen Gründen schätze. Sie engagieren sich in Sozialprojekten, unterstützen Kinder und Jugendliche, Flüchtlinge oder sind im Rettungsdienst tätig. Doch mit Tieren können sie nichts anfangen. Wie oft höre ich von diesen, ich solle die Katze doch einschläfern, dass sie sicher nicht wegen dem „Viech“ um 04:00 Uhr aufstehen würden um es zu füttern oder ich solle sie doch in eine Katzenpension geben, wenn ich wegfahren will usw. Ich frage mich wie man so differenziert fühlen kann. Und wieso müssen sich Tierliebhaber rechtfertigen und sich solche Dinge sagen lassen, aber im Gegenzug darf man nicht fragen:“Du, vielleicht ist das Kind etwas überbetreut?“ oder „Wird er ein bleibendes Trauma haben, wenn er im Regen 10 Minuten zu Fuß vom Bahnhof nach Hause geht?“ oder „Ist Pflegeurlaub für einen 15-jährigen mit Schnupfen noch angemessen?“

Ein bißchen mehr Verständnis für das Leben des anderen könnten wir wohl alle aufbringen. In der Gesellschaft leisten wir doch alle auf die eine oder andere Weise unseren Beitrag. Und wie kann es verkehrt sein, Lebewesen die auf uns angewiesen sind, zu unterstützen, ihnen zu helfen und ihnen auch im weiteren Sinn eine Stimme zu geben? Das durch den Menschen verursachte Tierleid ist ohnehin zu groß und ist eine peinliche Niederlage für unsere Spezies.

Ich bin jedenfalls gerne eine Crazy Cat Lady und meine Tierliebe geht über Hund und Katze hinaus. Mein besonderer Dank gilt meinem Partner, der viel Verständnis zeigt und meine Katzen ebenso aufopfernd betreut und liebt wie ich und auch allen anderen lieben Menschen, die Tiere als das sehen was sie sind. Fühlende Lebewesen, die ebenso wie Menschen Mitgefühl und Respekt verdienen.

Cleo, Nala, Gina und Yuna: ich hätte keine besseren Mitbewohner haben können! Jeder Tag mit euch ist und war ein Geschenk. Meine Liebe zu euch ist unendlich!

Eure M.